In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der globale Baumwoll-Anbau stark verändert. Große Konzerne entwickelten genmanipuliertes Saatgut, welches Farmern höhere Ernten versprach. Umsatzrekorde blieben allerdings aus - die Lizenzverträge dagegen blieben bestehen. Der Bauer ist nun abhängig von seinem Saatgut Hersteller und darf keine anderen Samen mehr verwenden. Heute werden etwa ⅔ der weltweiten Baumwolle unter diesen Bedingungen hergestellt. Für uns war klar: Wir brauchen echte kbA-Baumwolle (kontrolliert biologischer Anbau) die unter fairen Bedingungen entstanden ist.
Leider mussten wir feststellen, dass der weltweite Textilhandel eine andere Vorstellung davon hat, was fair bedeutet, als wir. Selbst wenn man bereit ist jeden Preis zu bezahlen, ist es gar nicht so einfach einen Hersteller zu finden, der sowohl hohe biologische als auch soziale faire Standards wirklich verinnerlicht hat. Nur 1% der weltweiten Baumwoll-Anbauflächen wird kontrolliert biologisch genutzt. Und selbst wenn ein Zulieferer die richtige Faser anbietet, sagt das noch nichts über die Lohn- & Sozialstandards aus. In unseren Augen reicht es nicht "ein wenig mehr" zu bezahlen. Fair bedeutet, sich um die Menschen zu kümmern, ihnen Aufstiegschancen zu bieten und sie in Krankheit und Not nicht im Stich zu lassen.
Elango und seine Mitarbeitenden leben in einem kleinen Dorf in Südindien namens Alankuppam. Die 1200 Einwohner*innen führen ein beschauliches Landleben: kleine Tee-Stände säumen die Straßen, eine Moped-Werkstatt sorgt für Mobilität und einmal im Jahr ist das große Tempelfest. Eigentlich ein normales indisches Dorf, wäre da nicht die Manufaktur Ambala Hammock und ihr Inhaber Elango Jayabalan. Er stammt selbst aus einfachen Verhältnissen und möchte seinen eigenen Aufstieg an seine Mitarbeitende weitergeben. Dabei stellt er viele indische Traditionen auf den Kopf - zum Glück!
Um das zu verstehen, muss man mehr über Indien selbst erfahren: Lange Zeit war die Ungleichheit der Bevölkerungsgruppen sogar gesetzlich verankert. Auch wenn das Kastensystem offiziell Geschichte ist, gibt es nach wie vor starke Diskriminierungen vieler Gruppen. So werden "Unberührbaren" zum Beispiel nicht einmal unterbezahlte Arbeiten anvertraut. Selbiges gilt für geschiedene Frauen. Sie sind ausgestoßene und dürfen nicht am Sozialleben teilnehmen. Bei Ambala Hammock ist das anderes: sie finden hier nicht nur Arbeit, sondern sozialen Anschluss und ein Zugehörigkeitsgefühl. Etwas das genauso wichtig ist wie ein fairer Lohn und Urlaubstage.
Natürlich fängt es bei der Höhe des Arbeitsentgeltes an: von dem bezahlten Gehalt können die Mitarbeitenden ihre ganze Familie ernähren, die Kinder auf die Schule, bzw. das College schicken und ein gesundes Leben führen. Das ist in Indien leider ganz und gar nicht der Standard. Auch Auszubildende werden bei Ambala Hammock fair entlohnt, wohingegen andernorts für eine Ausbildung bezahlt werden muss. Ebenso gibt es Kranken- und Sozialversicherungen, mit deren Leistungen wir jedoch noch nicht zufrieden sind. Selbst mit Versicherung werden Patient*innen nur mit zusätzlichem Bargeld angemessen medizinisch behandelt. Deshalb entwickeln wir gerade gemeinsam mit Elango einen Sozialfonds. Dieser soll im Krankheitsfall Zusatzleistungen bezahlen, um die beste Versorgung für die Mitarbeiter*innen und deren Familien sicherzustellen.
Wir haben keine eigenen Felder. Wir beziehen unsere Baumwolle von Anandi Enterprise. Das ist ein Zusammenschluss von Baumwollfarmern, der etwas Ähnlichkeit zu deutschen Genossenschaften hat. Gemeinsam organisiert, produzieren tausende Farmer zertifizierte Bio-Baumwolle aus kontrolliert ökologischem Anbau. Dabei geht es nicht nur darum eine natürliche alte Sorten zu verwenden und auf Gifte zu verzichten. Dank Nützlingen, Fruchtfolgen und anderen nachhaltigen landwirtschaftlichen Methoden, wird die natürlich Humusschicht wieder aufgebaut und für kommende Generationen bewahrt. Auf diese Weise braucht der Anbau der kbA Baumwolle keine künstliche Bewässerung, sondern kommt mit dem wenigen Wasser aus, das auf natürliche Weise vorhanden ist.
Einige Teile der Hängematte sind natürlich nicht aus Baumwolle, aber ebenso nachhaltig hergestellt. Ein besonders kritischer Punkt ist hier das Seil. Wir haben es mit Leinen und Hanf probiert. Aber kein natürliches Material konnte den nötigen Belastungen standhalten. Deshalb haben wir uns für voll recyceltes Polyester entschieden.
Das vegane Leder für die Verstärkung und als Accessoire war ebenso eine Herausforderung. Eigentlich wird Kunstleder aus Plastik hergestellt. Wir haben aber einen Hersteller aus China gefunden, der welches aus Papier anbieten kann. Ein Glücksgriff!
Schlussendlich wären da noch die Knöpfe aus Kokosnüssen. Das war einfach: denn die liegen in der Region eh schon überall herum und warten nur darauf dein Knopf zu werden.